Freitag, 22. Mai 2015

Avi Primor: Kritik an Politik in Israel ist kein Antisemitismus

Avi Primor spricht im Festsaal der Bürgerschaft

Avi Primor, der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, hat die Deutschen aufgerufen, Befangenheit und Hemmungen im Umgang mit Israel und der dortigen Politik abzubauen. „Kritik gegen eine gezielte Politik in unserem Land ist kein Antisemitismus“, sagte er in einer Rede in der Bremischen Bürgerschaft. Anlässlich einer Festveranstaltung „50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Israel und Deutschland“ betonte er den hohen Wert der zwischenmenschlichen Beziehungen im Verhältnis beider Völker. Diese seien heute allerdings gefährdet. „Wir verlieren schrittweise die Unterstützung der deutschen Bevölkerung“, meinte der Diplomat und Publizist und erwähnte Umfragen, nach denen etwa die Hälfte der Deutschen eine schlechte Meinung von Israel habe. Deshalb: „Wir brauchen einen offenen und ehrlichen Dialog.“ Alles andere sei schädlich für die Freundschaft.
 
In einer Video-Grußbotschaft für Avi Primor sagte der frühere Bremer Bürgermeister Hans Koschnick: „Diese Bundesrepublik, in der wir leben, auch nach der Vereinigung leben, ist nicht antejüdisch, ist nicht antiislamistisch.“ Aber es könne gar nicht geleugnet werden, dass in Deutschland noch ein starker Prozess von Unkenntnis und Fremdenfeindlichkeit im Gange sei. Bürgerschaftspräsident Christian Weber erklärte vor 150 Gästen im Festsaal: „Die Beziehung Deutschland zur jüdischen Bevölkerung und zum Staate Israel ist eine komplizierte. Sie bewegt sich zwischen Verbundenheit und Verletzlichkeit.“ Sie sei auf deutscher Seite geprägt von der Verpflichtung, nie wieder schuldig zu werden, Antisemitismus, Fanatismus und Hassparolen entschieden entgegenzutreten.

Der komplette Festakt mit dem Grußwort des Präsidenten, dem Interview mit Hans Koschnick und dem Vortrag von Avi Primor ist online im Videoportal der Bürgerschaft abrufbar.