Monday, 24. January 2022

Europakonferenz der Landtage verabschiedet Europa-Erklärung

Bei der Europakonferenz der Landtage (E-LPK) haben sich die Präsident:innen und Direktor:innen der deutschen und österreichischen Landesparlamente und des Südtiroler Landtages sowie des österreichischen Bunderates und des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens unter dem Vorsitz des Bremer Bürgerschaftspräsidenten Frank Imhoff und Niederösterreichs Landtagspräsidenten Karl Wilfing heute ausgetauscht.

Die Europakonferenz der deutschsprachigen Regionalparlamente, für deren Organisation in diesem Jahr der bremische Landtag zuständig ist, tagt normalerweise in Brüssel, musste pandemiebedingt aber bereits das zweite Mal in Präsenz abgesagt werden. Vorsitzländer für Deutschland und Österreich sind in diesem Jahr Bremen und Niederösterreich.

Im Mittelpunkt der Tagung standen neben der Diskussion über die COVID-Pandemie und ihre Herausforderungen insbesondere in Grenzregionen vor allem die Beratung der gemeinsamen Europa-Erklärung mit Schwerpunkt auf die aktuell laufende Konferenz zur Zukunft Europas.

Als vorsitzführender Präsident der deutschen Landtagspräsident:innenkonferenz betonte der Bremer Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff: „Die Landesparlamente haben während der Pandemie in den vergangenen zwei Jahren eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung von Corona-Maßnahmen eingenommen und als Gesetzgeber und Kontrollgremium ihr Recht auf Beteiligung auch in Notsituationen selbstbewusst eingefordert. Wir schaffen nur Akzeptanz und nehmen die Menschen mit, wenn wir Corona-Maßnahmen dort, wo die gewählten Volksvertreter sitzen, transparent und öffentlich diskutieren: in unseren Parlamenten.“

In ihrer gemeinsamen Europa-Erklärung heben die Präsident:innen unter anderem die Bedeutung der Konferenz zur Zukunft Europas hinsichtlich der stärkeren Mitwirkung und direkten Beteiligung der Bürger:innen und der Regionalparlamente am „Projekt Europa“ hervor. Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass aus dem Konferenzprozess konkrete Ergebnisse hervorgingen.  

Durch die Corona-Pandemie konnten jedoch viele der geplanten Veranstaltungs- und Dialogformate nicht stattfinden. Deshalb fordern die Präsident:innen die Verlängerung der Konferenz, um angesichts der vielseitigen Herausforderungen eine vertiefte Diskussion zu ermöglichen, Antworten zu finden und Vertrauen zu schaffen. Die Gestaltungsmöglichkeiten müssten zudem über die Zukunftskonferenz hinaus verstetigt werden.

Die Präsident:innen bekräftigen in diesem Zusammenhang auch ihre Forderung, die Rolle der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen im europäischen Mehrebenensystem generell weiter zu stärken und sie besser in europapolitische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden.

Werte, Rechte, Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit sind wesentliche Themenschwerpunkte der Konferenz zur Zukunft Europas. Die Präsident:innen erwarten auch vor dem Hintergrund laufender Vertragsverletzungsverfahren ein klares Bekenntnis der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zu diesen Werten und Rechten sowie wirksame Maßnahmen gegen Verletzungen dieser Werte.

Für Karl Wilfing, vorsitzführender Präsident der österreichischen Konferenz der Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten, ist ein weiterer Punkt der Erklärung von großer Bedeutung: „Ich verfolge die politischen Entwicklungen am Westbalkan genau und 30 Jahre nach den kriegerischen Umbrüchen im damaligen Jugoslawien bereiten mir vor allem nationale Strömungen in einigen der dortigen Staaten Sorgen. Die europäische Integration sowie eine klare EU-Beitrittsperspektive für die Westbalkanstaaten sind daher zentrale Zukunftsfragen Mitteleuropas und der Europäischen Union. Nur so kann die Gemeinschaft weiterhin ihre Kernfunktionen Stabilität und Friedenssicherung verwirklichen und Europas Interessen in einer globalisierten Welt vertreten. Daher begrüßen wir die Beteiligung der Staaten am Konferenzprozess zur Zukunft Europas.“

Zum Prozess und aktuellen Stand der Konferenz zur Zukunft Europas diskutierten die Mitglieder der E-LPK mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Dubravka Šuica. Die Konferenz zur Zukunft Europas, die im Mai 2021 gestartet ist, bietet allen europäischen Bürger:innen die Möglichkeit, sich direkt über digitale Plattformen, Bürgerforen oder Veranstaltungen bei der Gestaltung Europas einzubringen.

Suica betonte: „Die Regionalparlamente sind Schlüsselpartner, wenn es darum geht, die Konferenz zur Zukunft Europas grenzübergreifend bekannt zu machen und gemeinsame europäische Ziele zu verfolgen.“ Die Rückmeldungen von EU-Bürger:innen zu den Formaten der Zukunftskonferenz seien positiv. Deren Empfehlungen aus den Bürgerforen spielten auch im weiteren Verlauf der Konferenz eine wichtige Rolle. „Die Konferenz zur Zukunft Europas ist ein einzigartiges Projekt und stärkt die repräsentative Demokratie“, so die Vizepräsidentin der EU-Kommission.

Die Bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die neben Landtagspräsidentin Muhterem Aras aus Baden-Württemberg die Landesparlamente in der Plenarversammlung der Konferenz vertritt, berichtete aus Sicht der Regionalparlamente. Die Landtagspräsident:innenkonferenz hatte sich im vergangenen Jahr über den Ausschuss der Regionen (AdR) erfolgreich für Sitze in dem Gremium eingesetzt, um die regionalen Interessen und Sichtweisen einzubringen.

Nach der gemeinsamen Europakonferenz der Präsident:innen ist für die deutschen Parlamente vom 19. bis 21. Juni 2022 eine weitere Landtagspräsidentenkonferenz (LPK) im aktuellen Vorsitzland Bremen geplant. Auch die österreichischen Landtagspräsidentinnen und Landtagspräsidenten treffen sich Mitte Juni, um über die landesspezifischen Herausforderungen zu beraten. „Die Pandemie und ihre Auswirkungen auf föderale Strukturen werden uns auch dann noch inhaltlich begleiten. Vor allem wünschen wir uns aber sehr, dass wir die nächsten Konferenzen wieder in Präsenz abhalten können“, so Imhoff und Wilfing abschließend.