Sonntag, 10. September 2023

"Arisierungs"-Mahnmal eingeweiht: "Ausdruck einer guten demokratischen Entscheidungsfindung und Debatte"

Am Sonntag (10. September) ist das Mahnmal zur Erinnerung an die massenhafte Beraubung europäischer Jüd:innen durch das NS-Regime und die Beteiligung bremischer Unternehmen, Behörden und Bürger:innen eingeweiht worden. Ein Abendprogramm mit Fachvortrag in der Bremischen Bürgerschaft rundete die Feierlichkeiten ab. Die Planung des Mahnmals war von zahlreichen Debatten, Initiativen und Impulsen aus der Stadtgesellschaft flankiert worden.

Das "Arisierungs"-Mahnmal an der Tiefer. (Foto: fotoetage/wolff)

Die sogenannte "Arisierung", die Enteignung und der Raub des jüdischen Eigentums, war ein elementarer Bestandteil der Vernichtung der deutschen Juden. Daran beteiligt waren in Bremen u.a. Unternehmen und Behörden, aber auch Bürger:innen. "Es waren Nachbarn, Bekannte oder Arbeitskollegen, die sich durch den Raub an ihren Mitmenschen günstig bereicherten. Vor allem aber hat Logistikbranche als Erfüllungsgehilfe bei der systematischen Beraubung der europäischen Juden eine zentrale Rolle gespielt. Ohne den Umschlag, Transport und die Verteilung der geraubten Alltagsgegenstände, hätte die organisierte Enteignung nicht das Ausmaß erreichen können", machte Antje Grotheer in ihrer Begrüßungsrede im Plenarsaal der Bürgerschaft deutlich.

Das Mahnmal soll dem Unrecht gedenken und an die Verantwortung jedes Einzelnen erinnern. Initiiert wurde es von der Bremer Redaktion der taz in Abstimmung mit der Jüdischen Gemeinde. 2016 wurde es durch die Stadtbürgerschaft beschlossen. 2021 einigten sich Politik und Deputation zusammen mit den Initiatoren einvernehmlich auf den Standort an der Tiefer. Verwirklicht wurde der künstlerische Entwurf von Evin Oettingshausen, der über drei Fenster Einblicke in einen entstehenden, schachtartigen Raum ermöglicht.

Grotheer: "Das Mahnmal ist auch Ausdruck einer durch und durch guten demokratischen Entscheidungsfindung und Debatte. Der Beirat, das Parlament und seine Ausschüsse haben über diesen Erinnerungsort und seine Gestaltung diskutiert und gerungen. Und trotz unterschiedlicher Auffassungen haben alle Fraktionen am Ende ein gemeinsames Ziel verfolgt: Verantwortung für damals und für heute zu übernehmen."

Gastredner bei der Abendveranstaltung in der Bürgerschaft war Prof. Dr. Frank Bajohr, Leiter des Zentrums für Holocaust Studien am Institut für Zeitgeschichte in München. Außerdem begrüßte Dr. Grigori Pantijelew vom Vorstand der Jüdischen Gemeinde Bremen die Gäste. Darüber hinaus gab es Kurzstatements von Projektbeteiligten, Impulse von Schüler:innen des Gymnasiums Horn und eine Paneldiskussion unter der Leitung von Evin Oettingshausen.