Mittwoch, 25. September 2019

Nachruf Harry Callan

Am Dienstag, 25. September 2019, ist Harry Callan in seiner Heimat in Irland im Alter von 95 Jahren gestorben. Harry Callan war einer der letzten noch lebenden Zeitzeugen, der als Zwangsarbeiter zum Bau des Bunker Valentins in Bremen-Farge eingesetzt wurde. Mit gerade mal 17 Jahren geriet Callan als irischer Seemann in deutsche Gefangenschaft. Im Februar 1943 kam er ins Arbeitserziehungslager Bremen-Farge. „Dort lernte ich die Angst kennen“, schrieb er später.

Nicht einmal bei den Angriffen auf sein Schiff habe er so viel Furcht gespürt wie in den Jahren in Farge. Harry Callan und seine Mitgefangenen mussten unter brutalsten Bedingungen arbeiten. Sie litten unter Schwerstarbeit, unzureichenden hygienischen Verhältnissen und Hunger. Fünf der 32 irischen Seeleute überlebten die Bremen-Farge nicht.

Callan brauchte lange, bis er wieder sehen und arbeiten konnte. „Wenn unsere Seerouten anschließend an Bremen vorbeiführten, stand ich jedes Mal wie versteinert an der Rehling und schaute in Richtung des Bunkers, in Trauer um meine damaligen Mitgefangenen und die vielen tausend weiteren Zwangsarbeiter. Die anderen Seeleute wussten nicht, warum ich dies tat. Sie hielten mein Verhalten schlicht für wunderlich.“

Erst 50 Jahre später brach Callan sein Schweigen, als er als erster Ire eine Entschädigung für die Zwangsarbeit (7.700 Euro) bekam. Er kehrte an die Orte seiner Haft zurück, gab bereitwillig Interviews und sprach vor allem mit Schüler*innen über seine Erfahrungen. „Durch die Erinnerungsarbeit ist hier etwas Gutes, Positives entstanden. Mittlerweile komme ich sehr gerne nach Farge und habe auch viele Freunde hier“, schilderte er in einer Bremer Schule seine Erfahrungen, die ihn fast das Leben gekostet hätten.

Harry Callan verfolgte die von Senat und Bürgerschaft beschlossene Einrichtung des Denkorts Bunker Valentin mit großer Freude und Sympathie. Er gehörte im Jahr 2015 mit anderen Überlebenden zu den Ehrengästen, die der damalige Präsident der Bremischen Bürgerschaft, Christian Weber, vor der Eröffnung des Denkorts ins Parlament eingeladen hatte.

Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff: „Mit Harry Callan ist einer der letzten Zeitzeugen gegangen, der aus der eigenen Erfahrung von den Ereignissen in Bremen-Farge berichten konnte. Diese Zeitzeugen werden uns fehlen, um aus erster Hand über die Schrecken zu berichten, die sich nie wiederholen sollen. Sein Einsatz hat unseren größten Respekt verdient." Imhoff versichert, dass Harry Callans Geschichte bewahrt werden wird, im Denkort Bunker Valentin, im Harry-Callan-Lauf des Schulzentrums an der Egge. Gemeinsam mit seiner Michèle hat Callan eine Biographie geschrieben, die 2018 auch in deutscher Sprache veröffentlicht wurde.