Donnerstag, 12. Januar 2012

Untersuchungsausschuss hört Hygiene-Experten an

Der Untersuchungsausschuss „Krankenhauskeime“ hat in seiner zweiten öffentlichen Beweisaufnahme nach dem Thema Neonatologie vor Weihnachten heute (12. Januar) das Thema Krankenhaushygiene bearbeitet. Als Sachverständige hat er Prof. Dr. Thomas Eikmann aus Gießen und Dr. Klaus-Dieter Zastrow aus Berlin gehört. Prof. Dr. Thomas Eikmann ist Direktor des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er war bis vor kurzem Präsident der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin. Dr. Klaus-Dieter Zastrow ist als Leiter des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Vivantes Klini-ken Berlin tätig. Er ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Beide Sachverständigen gaben ihre fachlichen Einschätzungen zu folgenden Fragen aus dem Beweisbeschluss VI ab:

1. Welche Hygienestandards und welche Hygienestrukturen sind auf sogenannten Level-1-Perinatalzentren einzuhalten (z. B. bezogen auf die personelle und technische Ausstattung sowie Qualifikation des Personals)?


2. Wie stellt sich die gesundheitliche Situation hinsichtlich von Krankenhausinfektionen - insbesondere im Hinblick auf Klebsiellen-Infektionen - in Deutschland generell dar, und welche Besonderheiten bestehen insofern hinsichtlich der gesundheitlichen Situation von so genannten Frühchen?


3. Inwiefern unterscheiden sich die Hygienestandards und Hygienestrukturen am Klinikum Bremen-Mitte - insbesondere auch im Hinblick auf die Versorgung von Frühgeborenen - von den Standards und Strukturen anderer Kliniken mit Level-1-Perinatalzentren in Deutschland?


4. Wie sind das von der Gesundheit Nord für die Neonatologie des Klinikums Bremen-Mitte vorgelegte Maßnahmenpaket und das Landesaktionsprogramm Krankenhaushygiene zu bewerten?

Die Vorsitzende, die Sprecher/innen der Fraktionen und weitere Ausschussmitglieder fragten nach einführenden Stellungnahmen der Sachverständigen zu den Fragen des Beweisbeschlusses in jeweils dreistündigen Beweisaufnahmen intensiv nach, um eine umfassende Einschätzung der Risiken, der Standards und der Praxis der Hygiene auf neonatologischen Stationen in Deutschland und auch, im Vergleich dazu, im europäischen Ausland, zu erhalten.
Die Einschätzungen der Sachverständigen sind neben den gesichteten Akten eine Grundlage der weiteren Ausschussarbeit. Sie bezogen sich auf die spezifische Situa-tion in Bremen nur insoweit, als dass den Sachverständigen die Berichte des Robert-Koch-Instituts, des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene, des Staatsrats Prof. Stauch sowie die zur Ziff. 4 des Beweisbeschlusses erarbeiteten Papiere vorgelegen haben. Die Einschätzungen der Sachverständigen sollen dem Ausschuss dabei helfen, die zwei anstehenden Befragungen der Zeugen aus dem Klinikum Bremen-Mitte, dem Gesundheitsamt, der Gesundheit Nord und dem Gesundheitsressort vorzubereiten.
Die Sprecher der Fraktionen bewerten die Beweisaufnahmen wie folgt:
Die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Antje Grotheer (SPD): „Die beiden Sachverständigen haben die Ergebnisse des Berichts von Staatsrat Prof. Stauch bestätigt. Die Dokumentation war nicht ausreichend, die Ausbruchsmeldung erfolgte zu spät. Beide Sachverständige haben aber auch die nach dem 10-Punkte-Maßnahmenplan und dem Landesaktionsprogramm Krankenhaushygiene durchgeführten und geplanten Maßnahmen begrüßt.“
Der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Björn Fecker (Bündnis 90/Die Grünen): „Beide Sachverständige haben deutlich gemacht, dass es am Klinikum Bremen-Mitte über einen längeren Zeitraum zum Teil gravierende Hygienemängel und Fehleinschätzungen gegeben hat. Die Besetzung der Stelle des Krankenhaushygienikers muss mit einem Facharzt erfolgen. Wir müssen nun ergründen, warum diese Mängel nicht früher erkannt und behoben wurden und warum die Meldepflichten nicht erfüllt wurden.“
Der Sprecher der CDU-Fraktion im Untersuchungsausschusses, Rainer Bensch: „Beide Sachverständige haben das Anforderungsprofil und die Bedeutung eines fachlich guten Krankenhaushygienikers hervorgehoben – dies sei entscheidend für das erfolgreiche Hygienemanagement einer Klinik. Die Kosten für Hygienemaßnahmen am Patienten sind in den DRGs (Fallpauschalen) eingerechnet – eine wichtige Erkenntnis, um bewerten zu können, wie Klinikum Bremen-Mitte und die Gesundheit Nord im Bereich Hygiene tatsächlich organisiert sind.“
Die Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Untersuchungsausschusses, Claudia Bernhard: „Früh reagieren, energisch reagieren, nicht beim Personal sparen: Das sind nach den Ausführungen von heute Kriterien eines zukunftsfähigen Krankenhauses. Dem hat das Klinikum Bremen-Mitte nicht entsprochen.“