Donnerstag, 22. September 2016

Bürgerschaftspräsident ruft zu Respekt und Solidarität auf

Zum heutigen Entschließungsantrag „Willkommenskultur und Toleranz statt Fremdenhass und Brandanschläge“, den die in der Bremischen Bürgerschaft vertretenen Fraktionen gemeinsam eingebracht haben, nahm Bürgerschaftspräsident Christian Weber wie folgt Stellung: 

„Mit dem Antrag reagieren wir auf den Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Huchting – eine Tat, die uns alle entsetzt und die Frau Senatorin Stahmann zu Recht als „ganz feigen Anschlag“ eingestuft hat. Dieser Antrag beinhaltet aber gleichzeitig eine Mahnung, ein Aufrütteln, wach zu bleiben und genau hinzuschauen. Gewiss, Bremen ist bislang von größeren Attacken gegen Flüchtlinge verschont  geblieben. Bundesweit jedoch nehmen die bedrohlichen Vorkommnisse zu. Allein 2015 wurden an die 530 Übergriffe registriert. In über 120 Fällen handelte es sich um Brandanschläge, viele davon auf Einrichtungen, die bereits bewohnt waren. Ich erinnere an die Brandstiftung an einem Flüchtlingsheim in Tröglitz, die die Öffentlichkeit erregte; ich erinnere auch an die fremdenfeindlichen Demonstrationen in Freital und an die Krawalle in Heidenau. All die schlimmen Dinge gegen Flüchtlinge oder wegen Flüchtlingen lösten ein breites Echo in den Medien aus.

Inzwischen kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass fremdenfeindliche Akte – obwohl zunehmend – nur noch beiläufig quasi als Randnotiz wahrgenommen werden. Ich hoffe nur, dass ich mich täusche. Eines möchte ich ganz klar betonen: Wir in Bremen und Bremerhaven werden nicht tatenlos zusehen und uns schon gar nicht daran gewöhnen, dass in Deutschland Flüchtlingsunterkünfte angegriffen werden, dass sie brennen, dass Menschen zu Schaden kommen und sich rechte Hetzparolen unwidersprochen Gehör verschaffen. Gerade  lautstarke Hetze gegen Flüchtlinge und ausländerfeindliche Propaganda führen zu der Häufung von Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte. Das ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern es steht so in der noch aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

Es ist das Gebot der Stunde, die latenten Gefahren, die Flüchtlingen bei uns drohen, nicht zu verharmlosen, sondern zu bekämpfen. Sicherheit in einem Rechtsstaat ist unteilbar, sie gilt für die Einheimischen wie für die Fremden gleichermaßen. Strafdelikte gegen Flüchtlinge und ihre Aufenthaltsorte sind deshalb konsequent zu verfolgen. Und ich bin überzeugt, dass die Polizeibehörden in Bremen dies verantwortungsvoll tun werden. Wir Politikerinnen, Politiker und unsere Zivilgesellschaft dürfen und werden nicht zulassen, dass sich die Düsternisse vergangener Jahre wiederholen – ich nenne Mölln 1992 und Solingen 1993! Muss ich noch weiter in unsere deutsche Geschichte zurückgehen?

Im Land Bremen wendet sich seit vielen Jahren ein breites, buntes Bündnis gegen Rechtspopulismus, Rassismus und Gewalt – und zwar mit Erfolg! Das ehrenamtliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger für Menschen, die ihre Heimat, ihr Hab und Gut verlassen mussten, ist aller Anerkennung und Ehren wert. Es trägt maßgeblich dazu bei, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, aus allen Kulturen und Religionen bei uns in Frieden, Freiheit und gegenseitigem Respekt zusammenleben können. Das wollen wir uns zum Vorteil aller bewahren.

- Die Fraktionen der Bürgerschaft erwarten die entschiedene Verfolgung und Verurteilung von Tätern, die Flüchtlingen vorsätzlich Schaden zuzufügen versuchen.

- Wir sind solidarisch mit den Schutzsuchenden, kümmern uns um ihre berechtigten Bedürfnisse, leisten ihnen Integrationshilfen und sorgen mehr denn je für ihre Sicherheit.

- Wir bekennen uns nachdrücklich zum geltenden Asylrecht.

- Wir sind uns unserer Verpflichtung, die uns eine seit Jahrhunderten gast- und fremdenfreundliche Freie Hansestadt Bremen auferlegt, bewusst und handeln entsprechend.

- Wir Politiker sind aufgefordert, aufklärend und vertrauensbildend tätig zu werden, um in Stadtteilen und Quartieren, wo Flüchtlinge unterkommen, ein Klima der Verunsicherung und Angst gar nicht erst  entstehen zu lassen.

- Schließlich: Wir haben die Schrecken, Verbrechen und Massenmorde der Nazi-Terrorherrschaft nicht vergessen und Lehren daraus gezogen. Auch deshalb stellen wir uns entschlossen und geschlossen denen entgegen, die Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Menschenverachtung auf ihre Fahnen geschrieben haben.

Wir wissen uns zu wehren gegen Feinde der Demokratie und Menschlichkeit – mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln!         

 


Dateien:
Entschliessungsantrag.pdf12.5 K