Dienstag, 09. November 2010

Jahrestag der Pogromnacht 1938: Plädoyer für mehr Toleranz

Alle fünf Fraktionen der Bremischen Bürgerschaft haben heute (9. November) am Jahrestag der Reichspogromnacht von 1938 der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Dabei appellierten die Redner für Aussöhnung und Toleranz gegenüber anderen Völkern und Religionen, Toleranz gegenüber dem Anderssein. Die Feierstunde am Mahnmal in der Dechanatstraße wurde in diesem Jahr von der FDP-Fraktion organisiert. Als Gastredner sprach Siegried Propper, der 1937 in Bremen geboren und als Siebenjähriger ohne seine nichtjüdische Mutter nach Theresienstadt deportiert wurde, überlebte und heute bei Frankfurt zu Hause ist. Propper berichtete von seinem schmerzhaften Entscheidungsprozess, die Tür zu seiner Familiengeschichte, die auch ein Stück Bremen-Geschichte ist, zu öffnen. "Vor ein paar Jahren wäre ich hier noch nicht aufgetreten." Jetzt entschloss er sich dazu, weil er die Funktion der Zeitzeugen für unerlässlich hält in der Erinnerungs- und Gedenkkultur. Er berichtete über seinen Vater Isidor, den die Nazis zweimal verhafteten und anschließend ins Vernichtungslager Auschwitz steckten, wo er 1942 ermordet wurde. Siegfried Propper appellierte, dass Hass kein guter Wegbegleiter für die Menschen sei; er verstelle den Blick für die wahren Dinge. Sein Plädoyer: Toleranz tut not und Empathie für Leute, die vielleicht nicht so sind wie wir.

Vor der Feierstunde in der Dechanatstraße hatten Bürgerschaftspräsident Christian Weber und die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Elvira Noa, am Mahnmal auf dem jüdischen Friedhof in Hastedt einen Kranz niedergelegt. Dabei erinnerte Christian Weber auch die Juden im Untergrund, die mit großem Mut und voller Zuversicht verfolgten Mitmenschen zur Flucht vor den Nazis ins Ausland verholfen hatten. "Zum großen Unglück mussten viele von ihnen ihre Heldentat am Ende mit der Ermordung durch die Nazis bezahlen."