Freitag, 12. Januar 2018

Zum Erinnern gehört Bezug zu heute

Alfred Ries, jüdischer Werder-Präsident im Meisterjahr 1965, stand im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion, zu der Werder-Fanprojekte, Heinrich Böll-Stiftung und die Bremische Bürgerschaft am Donnerstag eingeladen hatten. Das Thema „Fußball und Juden“ erschöpfte sich aber nicht in Erinnerung, denn, so waren sich alle beteiligten Redner mit Bürgerschaftspräsident Christian Weber und Werder-Aufsichtsratschef Marco Bode an der Spitze einig, „gute Erinnerungskultur erfordert immer den Bezug zur Gegenwart.“

Christian Weber begrüßt die Gäste

Diskussion im Festsaal der Bürgerschaft

Von allen Seiten mit großem Lob bedacht wurden im Festsaal der Bremischen Bürgerschaft das Werder-Fanprojekt und die Anti-Diskriminierungs-AG der Fans, für die Thomas Hafke die Podiumsdiskussion mitorganisiert hatte. Sie waren es, die mit einer selbst recherchierten, umfangreichen Broschüre das Leben und Wirken von Alfred Ries wieder in den Mittelpunkt gerückt haben. Wobei klar wurde, vergessen wurde bei Werder nie, dass es einen jüdischen Präsidenten vor und nach dem Kriege gab, der unter der Herrschaft der Nazis gelitten hatte.

Christian Weber erinnerte die große Zuhörerrunde daran, dass sich der Todestag von Alfred Ries 2017 zum 50. Mal gejährt hat. Aus diesem Anlass hatte Weber auf dem Friedhof in Hastedt am Grab einen Kranz niedergelegt. Kenntnisreich moderiert von Christoph Bähr ließen Fabian Ettrich (Mit-Autor der Ries-Broschüre), Dietrich Schulze-Marmeling (Autor des Buches „Der FC Bayern, seine Juden und die Nazis“), Dr. Marcus Meyer (Historiker beim Denkort Bunker Valentin) und Marco Bode den Weg von Alfred Ries Revue passieren.

Für alle war klar, dass es darum gehen müsse, welchen Wert die Erinnerung für das heutige Handeln haben kann. Alle machten klar, dass sich gerade auch mit dem Thema Fußball und SV Werder Bremen die Aufmerksamkeit junger Menschen für die Werte Offenheit, Toleranz, Antirassismus und Verurteilung von Antisemitismus wecken lasse. Bode auch selbstkritisch: „Werder hat Alfred Ries nicht vergessen, aber vielleicht haben wir auch nicht genug getan, um sein Andenken hoch zu halten.“ Er könne sich durchaus vorstellen, noch mehr zu tun, etwa die Broschüre des Fanprojektes viel stärker auch im 100-Schulen-Programm des Vereins einzusetzen. Markus Meyer fand das von allen unterstützte Schlusswort: „Wir müssen die Menschen und gerade junge Menschen dafür sensibilisieren, dass der Beginn von Auschwitz das Aufstellen der Bank mit dem Schild „für Juden verboten“ ist. Dagegen kann und muss jeder einzelne noch etwas tun. Wenn Auschwitz erst steht, dann ist es zu spät, dann ist alles vorbei.“

Einen Videobeitrag zur Veranstaltung gibt es auf dem YouTube-Kanal von "Mein Werder".