Montag, 05. November 2018

Neue Ausstellung: Bürgerschaft würdigt "Mütter des Grundgesetzes"

„Frauen und Männer sind gleichberechtigt" - das sagt Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes. Doch ohne des Engagements von vier Frauen im Parlamentarischen Rat wäre es zu dieser Formulierung wohl nie gekommen. Knapp 70 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik präsentieren Bürgerschaftspräsident Christian Weber und Frauensenatorin Anja Stahmann eine Ausstellung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die die vier „Mütter des Grundgesetzes" in Wort und Bild würdigt.

Quelle: Bestand Erna Wagner-Hehmke, Haus der Geschichte, Bonn

Die Ausstellung "Mütter des Grundgesetzes" zeigt die Lebensbilder der Politikerinnen Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel. Sie haben neben den 61 Männern im Parlamentarischen Rat wesentlich zum Entstehen des Grundgesetzes beigetragen und für die verfassungsrechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern gekämpft.

Frieda Nadig (SPD) gehörte dem wichtigen Grundsatzausschuss des Parlamentarischen Rates an. Von 1949 bis 1961 war die Wohlfahrtspflegerin in Herford auch Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Im Grundsatzausschuss setzte sich Frieda Nadig energisch für die Aufnahme des Gleichberechtigungsartikels ein. Überdies kämpfte sie für eine gesetzlich verankerte Lohngleichheit für Männer und Frauen, hier stand sie zusammen mit Helene Weber (CDU), die sich gleichfalls vehement für die Lohngleichheit einsetzte. Beide Frauen konnten sich in diesem Punkt jedoch nicht gegen ihre männlichen Parteikollegen durchsetzen.

Elisabeth Selbert (SPD) stammte aus Kassel und war Juristin. Ihr besonderes Anliegen war die Schaffung eines unabhängigen Rechtswesens, vor allem eines unabhängigen Richteramtes. In diesem Zusammenhang forderte sie – erfolgreich – ein oberstes Gericht zur Normenkontrolle aller politischen Gremien, das heutige Bundesverfassungsgericht. Den größten Einfluss hatte Elisabeth Selbert jedoch auf anderem Gebiet: Sie formulierte den Gleichheitsgrundsatz und setzte sich in zähen Verhandlungen für die Aufnahme dieses Grundsatzes in die Grundrechtsartikel ein.

Helene Weber (CDU) war neben Paul Löbe und Wilhelm Heile eines von drei Mitgliedern des Parlamentarischen Rates, das bereits der Verfassunggebenden Nationalversammlung der Weimarer Republik angehört hatte. Helene Weber hatte Romanistik und Volkswirtschaftslehre studiert, als Lehrerin und Leiterin der sozialen Frauenschule in Aachen gearbeitet, bevor sie Abgeordnete der Preußischen Landtage und des Reichstags wurde. Die erste Ministerialrätin der Weimarer Republik wurde von den Nationalsozialisten im Juni 1933 wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ aus dem Ministerialdienst entlassen. Im Ausschuss für Grundsatzfragen kämpfte Weber vor allem für den Schutz von Ehe und Familie und für das Elternrecht (Art. 6 und 7 GG). Gerade bei diesen Fragen trat Weber als engagierte Katholikin auf und unterstützte in dieser Frage zahlreicher Briefe und Petitionen, die auch den Parlamentarischen Rat erreichten.

Die Ausstellung kann vom 9. bis zum 23. November 2018 besichtigt werden. (Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-17 Uhr)