Freitag, 17. Dezember 2021

Enquetekommission beschließt Abschlussbericht

Rund anderthalb Jahre nach ihrer Konstituierung im Mai 2020 hat die erste Enquetekommission in Bremen heute ihren Abschlussbericht zur „Klimaschutzstrategie für das Land Bremen“ einstimmig beschlossen.Stellvertretend für die insgesamt 18 Mitglieder der Kommission  stellten der Vorsitzende Martin Michalik (CDU) und der stellvertretende Vorsitzende  Dr. Carsten Sieling (SPD) gemeinsam mit den Sprechern der anderen Fraktionen, Philipp Bruck (Grüne), Nelson Janßen als Vertretung für Ingo Tebje (Linke) und Dr. Magnus Buhlert (FDP), im Vorfeld der 19. Kommissionssitzung den 350-seitigen Abschlussbericht auf einer Pressekonferenz vor.

Pressekonferenz im Festsaal

Martin Michalik (CDU), Vorsitzender der Enquetekommission:
„Der Enquete-Bericht ist nicht nur für die bremische Klimapolitik ein echter Meilenstein. Es wurden wichtige Weichen gestellt, um unsere Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Die enge Zusammenarbeit hat sich gelohnt – mein Dank gilt allen Beteiligten. Den gleichen Mut brauchen wir jetzt auch für die Umsetzung.“

Dr. Carsten Sieling (SPD), stellv. Vorsitzender der Enquetekommission:
„Die Ergebnisse sind ein großer Sprung Richtung Klimaschutz. Umstellung des Stahlwerks, Gebäudesanierung und E-Mobilität sind für die SPD zentrale Vorhaben. Um Akzeptanz zu gewinnen, muss die Klimaschutzpolitik sozial gerecht sein und die Bürger:innen beteiligen. Klimaschutz wird den Wirtschaftsstandort stärken und Arbeitsplätze sichern.

Philipp Bruck (Grüne):
„Mit dem ambitionierten Klimaschutzprogramm der Enquete rückt Bremen bundesweit auf eine Spitzenposition vor. Auch wenn noch mehr ginge: Dieser breite Kompromiss ist viel wert. CO2 sparen wir aber erst mit der Umsetzung. Dafür sind jetzt erhebliche Investitionen in Klimaschutz und zügiges Handeln nötig.“

Nelson Janßen (Linke):
„Die Finanzierung ist entscheidend für die Umsetzung der Beschlüsse. Kurzfristig werden wir dafür einen Klima-Fonds, ähnlich dem Bremen-Fonds, auflegen müssen. Langfristig müssen wir aber die Schuldenbremse aufweichen oder ganz abschaffen. Ohne zusätzliches Geld wird Bremen jedes Klimaziel verfehlen!“

Dr. Magnus Buhlert (FDP):
„Wer nachhaltige Politik will, kommt an Klimaschutz nicht vorbei. 60 Prozent weniger Treibhausgase in Bremen und Bremerhaven bis zum Jahr 2030 ist ambitioniert, aber möglich. Dafür benötigen wir allerdings die finanzielle Unterstützung von Bund und EU.“

Die Enquetekommission wurde im Januar 2020 von der Bremischen Bürgerschaft eingesetzt. Coronabedingt konnte sie erst im Mai 2020 ihre Arbeit aufnehmen. Der Abschlussbericht legt gemäß dem Einsetzungsbeschluss durch die Bremische Bürgerschaft (28. Januar 2020, Drs. 20/258) ein Klimaschutzziel 2030 für das Land Bremen vor und benennt konkrete politische Konzepte sowie Handlungs- und Umsetzungsempfehlungen, um dieses Ziel zu erreichen. Darüber hinaus gibt der Bericht einen Ausblick auf die erforderlichen finanziellen Bedarfe und mögliche Finanzierungsinstrumente sowie ein effektives Klimaschutzcontrolling. Die Fraktionen dokumentieren abweichende Einschätzungen zu bestimmten Teilen des Berichtes außerdem durch Sondervoten.

Als Klimaziel für das Land Bremen fordert der Bericht eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen einschließlich der Stahlindustrie bis 2030 um 60 Prozent, bis 2033 um 85 Prozent gegenüber 1990. 2038 soll mit einer Reduzierung der CO2-Emissionen um 95 Prozent die Klimaneutralität erreicht werden. Das meiste Einsparpotential hat dabei die Dekarbonisierung der Stahlwerke in Bremen durch den angestrebten Ersatz der Hochöfen 2 und 3 sowie Maßnahmen in den zwei Bereichen Energie- und Abfallwirtschaft und Gebäude und Wohnen. Ambitionierte Zielsetzungen verfolgt die Enquetekommission darüber hinaus auch in den Bereichen Verkehr und Mobilität, Klimabildung und Wissenschaft sowie Konsum und Ernährung. Die finanziellen Bedarfe

für den öffentlichen Haushalt beziffert der Bericht auf 6 bis 7 Milliarden Euro, einmalige Investitionskosten sowie dauerhafte Betriebskosten pro Jahr auf 200 bis 380 Mio Euro. Die höchsten Investitionsbedarfe liegen im Bereich Gebäude durch Sanierungskosten von Gebäuden in öffentlicher Hand mit dem Ziel eines klimaneutralen Bestandes, gefolgt von den Finanzbedarfen im Bereich Verkehr. Ein Gutachten, das die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Deckung des Finanzbedarfes klären soll, steht noch aus und wird für Anfang Februar erwartet.

Während die meisten Maßnahmen über einen längeren Zeitraum ausgelegt sind, spricht die Mehrheit der Enquetekommission – bestehend aus Abgeordneten und Sachverständigen – darüber hinaus kurzfristige Empfehlungen für 2022 aus. Unter anderem schlägt sie für den Bereich Finanzen und Controlling eine Konstituierung eines parlamentarischen Ausschusses sowie die Berufung eines Klima-Sachverständigenrates vor.

Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff: “Die erste Bremer Enquetekommission ist mit ihren sehr konkreten und übergreifenden Maßnahmen zur Erreichung eines Klimaschutzziels in der Tiefe und Breite bundesweit bisher sicher einzigartig. Die Abgeordneten haben zusammen mit den Sachverständigen in den vergangenen Monaten unter Beweis gestellt, wie wichtig das Parlament als inhaltlicher Impulsgeber ist und welche intensive und detaillierte Facharbeit seine Mitglieder leisten.”

Wie es weiter geht: Der heute vorgestellte und beschlossene Abschlussbericht soll voraussichtlich im Februar im Parlament debattiert werden, hinzu kommen noch die Ergebnisse eines von der Enquetekommission in Auftrag gegebenen Finanzgutachtens.

Den gesamten Abschlussbericht finden Sie hier: PDF

Weitere Informationen zur Arbeit der Enquetekommission, ihre Mitglieder und die Arbeitsgruppen hier: Die Enquetekommission