Festakt 80 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus
Auf Einladung der Bremischen Bürgerschaft fand heute (8.Mai) ein Festakt zum Gedenken an den 8. Mai 1945 und 80 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus statt. Knapp 200 Gäste waren dazu in den Festsaal im Haus der Bürgerschaft gekommen. Die Festrede hielt der Historiker und Publizist Prof. Dr. Norbert Frei.
„Der heutige Tag, der Tag der Befreiung, steht im Zeichen des Gedenkens an die vielen Millionen Opfer und im Zeichen des Erinnerns an die grausamen Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus“, sagte Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer in ihrer Rede zur Begrüßung. Grotheer ging darauf ein, dass es nach so langer Zeit immer weniger Zeitzeugen gebe und man sich dadurch zunehmend Gedanken über mögliche Formen der Erinnerung machen müsse. Denn das Wissen um diese Zeit scheine immer mehr abzunehmen. Auch deshalb sei es so gefährlich, wenn eine „erinnerungspolitische Wende“ gefordert werde – denn dies meine nichts anderes, als dass die Verantwortung Deutschlands relativiert werden solle.
„Ein runder Jahrestag, so wie der heutige, findet immer noch einmal mehr Aufmerksamkeit“, so die Bürgerschaftspräsidentin weiter. „Er wird noch einmal anders wahrgenommen und begangen. Er führt uns in besonderer Weise noch einmal die Vergangenheit vor Augen – und unsere Verantwortung, die sich aus ihr ergibt. Wir sind in der Pflicht, diese Verantwortung ernst zu nehmen. Und diese Verantwortung ist es, uns nicht nur heute, nicht nur an einem besonderen Tag, an die Verbrechen zu erinnern, die vor genau 80 Jahren ihr Ende fanden. Unsere Verantwortung ist es, nicht nur heute der vielen Millionen Opfer der Nationalsozialisten zu gedenken. Unsere Verantwortung ist es, keine Relativierung und keine sogenannte Wende in der Erinnerung zuzulassen. Und unsere Verantwortung ist es, nicht nur heute – sondern jeden Tag – deutlich zu bekennen, dass so etwas nie wieder geschehen darf.“
Kieran Drake, stellvertretender Botschafter des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, bezeichnete in seinem Grußwort den 8. Mai als ein Datum, das für Europa sowohl ein Ende als auch einen Neuanfang markiert habe, und stellte heraus, dass die schwierige Aussöhnung zwischen Großbritannien und Deutschland gelungen sei – nicht nur auf offizieller Ebene, sondern auch einfache Menschen seien in beiden Ländern aufeinander zugegangen. „Wir haben es heute in der Hand, auf unserer wertvollen Partnerschaft aufzubauen und für Dialog, Freiheit und Menschenrechte einzustehen. Dies schulden wir den Generationen, die nach uns kommen. Und dies schulden wir auch den zahlreichen Menschen, die vor 80 Jahren und in den Kriegsjahren davor ums Leben kamen“, betonte Drake.
In seiner Festrede befasste sich der Historiker und Publizist Prof. Dr. Norbert Frei mit dem Thema „Das Kriegsende im Gedächtnis der Deutschen – Gedenken und Vergegenwärtigung seit 1945“ und zeichnete darin nach, wie sich Inhalte und Formen des Gedenkens in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben. Auch Frei warnte in seiner Rede vor denjenigen, „die unsere Geschichte manipulieren und umdeuten wollen“. „Wie es mit der Erinnerung an die von Deutschland verursachte Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust weitergehen wird, liegt nicht allein in deutscher Hand“, erklärte Frei. „Ich war in den letzten Tagen positiv überrascht – und bin es noch immer –, wie groß der – man muss inzwischen sagen: klassische – Journalismus das Thema aufgegriffen hat: Zeitungen, Hörfunk, Fernsehen sind im Netz, im Stream und via Podcasts breit vertreten, und zwar nicht nur in Deutschland. Das ist ein wichtiges Zeichen, umso mehr, als es an diesem 8. Mai 2025 bzw. morgen in Moskau – aus Gründen, die Sie alle kennen – kein gemeinsames Gedenken von Siegern und Besiegten geben kann. Gegen diese Gründe werden auch in diesen Tagen wieder systematisch geschichtspolitische Lügen und Manipulationen gestreut. Setzen wir nüchterne Aufklärung und Wissen dagegen, schärfen wir unsere historische Urteilskraft. Denn es geht um nicht weniger als um den Fortbestand unserer Demokratie.“
Seinen Abschluss fand der Festakt mit einem Auszug aus der Lesung „Jede Stunde dem Schicksal abgestohlen. Das Brieftagebuch der Magdalene Krippner“, bei der die Schauspielerin Kathrin Steinweg Briefe einer Bremer Lehrerin aus den letzten Kriegstagen vortrug, begleitet von selten gezeigten Filmaufnahmen, die Dr. Daniel Tilgner, Leiter des Landesfilmarchivs bei der Senatorin für Kinder und Bildung, kuratiert hatte.
Bereits am Vormittag fand eine Gedenkveranstaltung am Denkort Bunker Valentin statt. Dort sprachen der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Bremen, Dr. Thomas Köcher, und der stellvertretende Botschafter des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, Kieran Drake. Zu Gast war auch die Jugendaustauschgruppe Bremen-Murat. Sahhanim Görgü-Philipp, Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft, und Bürgermeister Björn Fecker legten gemeinsam mit Köcher und Drake einen Kranz nieder. Auch die Vorsitzenden der Bürgerschaftsfraktionen und zahlreiche weitere Abgeordnete gedachten der Opfer des Nationalsozialismus.