Gutachter legt Enquetekommission Rechtsgutachten zur Finanzierung von Klimainvestitionen vor
Ende 2021 hat die erste Enquetekommission in Bremen ihren Abschlussbericht zur "Klimaschutzstrategie für das Land Bremen" vorgestellt. Um das Klimaschutzziel 2030 für das Land Bremen zu erreichen und darüber hinaus klimaneutral zu werden, beziffert der Bericht die Investitionskosten auf 6 bis 7 Milliarden Euro für den öffentlichen Haushalt. Die höchsten investiven Bedarfe entstünden bei den Sanierungskosten von Gebäuden in öffentlicher Hand mit dem Ziel eines klimaneutralen Bestandes, gefolgt von dem Bereich Verkehr.
Die Finanzierung solcher Investitionen im Rahmen der regulären Haushalte sind nach Ansicht der Enquetekommission nicht darstellbar. Die Enquetekommission hat deshalb Prof. Dr. Joachim Wieland beauftragt, die rechtlichen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten zu untersuchen, inwieweit zusätzliche Investionsmittel vor dem Hintergrund der geltenden Schuldenbremse von Bund und Land generiert werden können.
Der Rahmen für das Neuverschuldungsverbot für Bund und Länder wird durch die in Artikel 109 Absatz 3 des Grundgesetzes verankerte Schuldenbremse vorgegeben. An diesen Rahmen müssen sich die Länder halten, haben aber innerhalb des vorgegebenen Rahmens einen Gestaltungsspielraum. Diesen Spielraum hat Bremen in seiner Landesverfassung genutzt und in Artikel 131a Absatz 5 eine strikter gestaltete Schuldenbremse verankert. Die Möglichkeiten der Kreditaufnahme für Landesunternehmen sind dadurch stärker eingeschränkt, als vom Grundgesetz vorgegeben.
Das Gutachten des Experten für Verfassungs- und Finanzrecht liegt den Mitgliedern der Enquetekommission nun vor. Prof. Dr. Joachim Wieland geht in seinem 56-seitigen Gutachten auf die von der Enquetekommission beauftragten Fragestellungen ein, u.a. zu bisher ungennutzten rechtlichen Möglichkeiten, mit denen sich zusätzliche Aktivitäten im Rahmen der geltenden Regelungen zur Schuldenbremse finanzieren ließen oder zu Voraussetzungen und Möglichkeiten, die Bremer Schuldenbremse zu ändern, um insbesondere für Klimaschutz-Maßnahmen zusätzlichen Spielraum zu schaffen.
Darüber hinaus befasst er sich mit Handlungsoptionen wie der Übernahme von Garantien und Bürgschaften für eine Bremer-Klima-Anleihe durch die Freie Hansestadt Bremen, die es Bürger:innen ermöglicht sich an Investitionen zu beteiligen und eine Verzinsung zu erhalten sowie mit Modellen von Public-Private-Partnerships und öffentlich-öffentliche Partnerschaften. Beides fällt nicht unter die Regelung des Art. 109 Abs. 3 GG, sie werden von der Schuldenbremse nicht erfasst.
Wieland geht außerdem der Frage nach, inwieweit die Klimakrise als eine außergewöhnliche Notsituation einzustufen ist. Eine solche erlaubt den Ländern im Sinne von Art. 109 Abs 3 Satz 2 GG ausnahmsweise Kredite aufzunehmen. Wieland sieht gute Argumente dafür, dass sich der Klimawandel als Folge des Treibhauseffektes als außergewöhnliche Notsituation begründen lässt. Er weist aber auch daraufhin, dass diese Frage durch einen grundlegenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimawandel aus März 2021 noch nicht verbindlich geklärt sei.
Das Gutachten ist ab sofort öffentlich hier abrufbar:
https://www.bremische-buergerschaft.de/presse/EK/Gutachten_Deckung_des_Finanzbedarfs.pdf
Zur Info:
Die Enquetekommission wurde im Januar 2020 von der Bremischen Bürgerschaft eingesetzt. Sie besteht aus 18 Mitgliedern, die sich aus gleicher Anzahl von Abgeordneten und Sachverständigen zusammensetzen. Die Kommission nahm im Mai 2020 ihre Arbeit auf und legte im Dezember 2021 ihren Abschlussbericht vor. Der Bericht wird voraussichtlich im Februar 2022 im Parlament debattiert. Die Mehrheit der Enquetekommission strebt für 2022 zudem die Konstituierung eines parlamentarischen Ausschusses sowie die Berufung eines Klima-Sachverständigenrates an.