Mittwoch, 12. Oktober 2016

Christian Weber zum 13. Oktober 1946: Demokratie braucht Gestaltung

Bürgerschaftspräsident Christian Weber hat davor gewarnt, das Vertrauen in die Demokratie auf Spiel zu setzen. Er rief die Politik und die Bürgerinnen und Bürger auf, Demokratie nicht als Selbstläuferin zur Kenntnis zu nehmen, sondern etwas für sie zu tun. Weber nutzte den 70. Jahrestag der ersten demokratischen Bürgerschaftswahlen nach dem Krieg (13. Oktober 1946), um zu mehr Gewissenhaftigkeit und Gestaltung für die Demokratie und ihre Institutionen aufzurufen. Er erinnerte daran, dass 1946 die Wahlbeteiligung im Land Bremen bei 85,2 Prozent gelegen habe, bei der letzten Wahl zur Bürgerschaft 2015 seien es 35 Prozentpunkte weniger gewesen – eine bedenkliche Ermüdungserscheinung.

Damals hätten  die Menschen ein Ziel vor Augen gehabt: Aufbruch in und Arbeiten für bessere Zeiten nach den Schrecken des Nazi-Totalitarismus. Aber auch heute gehe es um etwas, das das Volk bewegen müsse, etwa die Weichen zu stellen gegen Rechtspopulismus und gegen die Spaltung der Gesellschaft. „Es ist ein Alarmsignal und Zeichen von Geschichtsvergessenheit, wenn eine höhere Wahlbeteiligung heute mehr oder weniger allein zu Gunsten von Rechtspopulisten erreichbar zu sein scheint“, betonte der Bürgerschaftspräsident. Es beunruhige ihn zutiefst, wenn rechte Politiker in USA oder auch in Deutschland öffentlich den Eindruck erweckten, Wahlen in westlichen Demokratien seien grundsätzlich skeptisch zu betrachten, weil sie fehlerhaft und manipulativ seien. „Das sind die Anfänge einer wachsenden, unverhohlen ausgesprochenen Demokratiefeindlichkeit“, so Christian Weber.

Eine Politik, die sich zu den Werten unseres Systems und zur Verfassung bekenne, müsse extremistische Begriffe und Feindbild-Darstellungen deutlich und entschlossen widerlegen – mit demokratisch-rechtstaatlichen Alternativen, erklärte der Präsident. Politik müsse es gelingen, als aktive Gestalterin im Staat wahrgenommen und respektiert zu werden und nicht als eine Kraft, die nur reagiere. Das Schwierige in diesem Prozess sei, dass es in der Demokratie – anders als von Rechtspopulisten suggeriert – keine einfachen Botschaften und Antworten gebe, schon allein wegen der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit jedes Einzelnen.