Dienstag, 12. Februar 2019

Nachruf auf Christian Weber

Am 12. Februar 2019 ist Bürgerschaftspräsident Christian Weber nach langer Krankheit gestorben. Er war mehr als 28 Jahre lang für die SPD Abgeordneter in der Bremischen Bürgerschaft. 20 Jahre davon als Präsident. Er war damit Dienstältester im Kreis der Landtagspräsidenten. „Bremen hat einen leidenschaftlichen Vollblut-Politiker verloren“, erklären die beiden Vizepräsidenten Sülmez Dogan und Frank Imhoff.

„Christian Weber hat sich mit ganzem Herzen für die Menschen in Bremen und Bremerhaven eingesetzt. Er hatte immer ein offenes Ohr für alle. Und ihm war alles wichtig, was für Bremen gut war – und das über alle Parteigrenzen hinweg. Vehement hat er für den Parlamentarismus und gegen sinkende Wahlbeteiligung  gekämpft.“
Bürgerschaftsdirektor Hans-Joachim von Wachter hat Christian Weber „als engagierten Chef“ kennen gelernt, „der mit großer Aufgeschlossenheit unser Haus in die Zukunft führen wollte, der die Digitalisierung als Herausforderung angenommen hat.  Er stand für das Nachhaltige, das Wertvolle und das Erhaltenswerte, wovon unter anderem das Haus der Bürgerschaft, das er mit ansteckender Begeisterung für die Bürgerinnen und Bürger geöffnet hat, ganz besonders profitiert hat“.

Christian Weber ist einer der großen Sozialdemokraten der Stadt. Sein Stadtteil Hastedt war Ausgangspunkt und Herz seines politischen Lebens. Zu den Erfolgen gehörte unter anderem die Ansiedlung von Mercedes-Benz, als er noch Beiratspolitiker war. Schnell stieg der SPD-Politiker zum Gesamtbeiratssprecher auf. 1990 wurde er Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft.

Als Fraktionsvorsitzender nahm Christian Weber prägend Einfluss auf die erste Große Koalition unter Bürgermeister Henning Scherf. 20 Jahre diente Weber dem Gemeinwohl der Freien Hansestadt Bremen als Bürgerschaftspräsident; er wurde „der Präsident“. Für ihn war die Legislative die Nr. 1 der Verfassungsorgane, von den Bürgerinnen und Bürgern direkt mit einem Mandat ausgestattet. Nie hat Christian Weber sich mit stetig sinkender Wahlbeteiligung abgefunden, ständig suchte er nach Inhalten, Ideen und Formen, das Parlament lebendig und interessant für die Bremerinnen und Bremer zu machen. Mit zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen hat er das Haus geöffnet, um Menschen in die Bürgerschaft zu holen, für auch formlose Begegnungen mit Politik und Abgeordneten. Dabei hat er die Form des „hohen Hauses“ nie aus den Augen verloren. Nur wenige können sich an Christian Weber ohne korrekten Anzug, Krawatte und blitzblank gewienerte Schuhe im Haus der Bürgerschaft erinnern. Das Auftreten gehörte für den Präsidenten zur Würde des Parlamentes. Er hätte den Satz „ganz die alte Schule“ nicht von sich gewiesen.

Besonders lag Christian Weber neben dem Eintreten für die parlamentarische Demokratie das kulturelle Bremen am Herzen, hier vor allem die Erinnerung an Literaturnobelpreisträger Günter Grass. Das Haus der Bürgerschaft war für ihn nicht nur das Herz der Demokratie, sondern auch ein Denkmal der bremischen Baukultur. Bis zuletzt hat er sich um den Erhalt des Hauses mit notwendiger Erneuerung für die von ihm mit Verve vorangetriebene Digitalisierung eingesetzt.

Im Mittelpunkt des Handelns in Beruf und Politik stand für Christian Weber immer der Mensch. Als gelernter Lehrer und als Geschäftsführer der Jugendwerkstätten kümmerte er sich mit viel Engagement und Zuwendung um junge Menschen. Mit der Wilhelm-Kaisen-Bürgerhilfe setzte er sich für Bremerinnen und Bremer ein, die Hilfe gut gebrauchen können. Sein Engagement für die Zivilgesellschaft stellte er auch mit weiteren Ämtern wie das des Landesvorsitzenden des Turnverbandes oder dem Vorsitzenden der Schütting-Stiftung unter Beweis.

Christian Weber hat Bremen gedient und sich große Dienste um die Hansestadt erworben. Dabei hat er nie vergessen, wo seine erste Heimat war, im katholischen Warburg bei Paderborn, wohin es ihn als evangelischen Flüchtling aus dem schlesischen Krobsdorf als Kleinkind verschlagen hatte. Nie hat er die damit verbundenen Umstände, die nicht nur positiv waren, verdrängt oder vergessen. Sie waren ihm Antrieb im Einsatz für die Aussöhnung von Menschen und Religionen. Dazu gehörte für ihn die Aussöhnung nach dem Krieg mit vielen Treffen mit Zwangsarbeitern und Flüchtlingen; die Aussöhnung mit Israel und Polen. Wie kein Zweiter hat sich Weber für die freundschaftliche Verbindung mit Bremens Partnerstädten eingesetzt. Häufig und gern gesehen war er in Danzig, traf Lech Walesa, besuchte das ehemalige KZ Stutthof. Trotz Raketenbeschusses ließ er sich nicht abhalten, regelmäßig nach Haifa zu fahren, wo aus Begegnung mit den Stadtoberen Freundschaft wuchs. Ein regelmäßiger Schüleraustausch wird seitdem von der Bürgerschaft bezuschusst. Aber auch die anderen Partnerstädte wie Riga, Izmir und Dalian konnten sich auf Webers Unterstützung verlassen, wie besonders auch die Menschen in den Lagern von Tindouf, die auf ihre eigene Republik Westsahara hoffen. Besonders am Herzen lagen ihm auch die Menschen im französischen Murat, die er zum Gedenken an ihre Vorfahren besuchte, die als Zwangsarbeiter im Bunker Valentin geschunden wurden.

Wichtig war Präsident Weber, bei allem die nächsten Generationen mitzunehmen. Er hat verschiedene Diskussions- und Beteiligungsformate wie Jugend im Parlament in den Räumen der  Bremischen Bürgerschaft institutionalisiert. Dabei ging es ihm immer darum, die Jugend vom Parlamentarismus und dem hohen Gut der Demokratie zu überzeugen.
Christian Weber hinterlässt Frau und deren Tochter sowie einen Sohn mit Enkel. Viele Freunde, Weggefährten, Mitstreiter sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bürgerschaftskanzlei trauern um den Freund und Chef.
Die Abgeordneten der Bürgerschaft trauern um einen profilierten Politiker und leidenschaftlichen Abgeordneten – um ihren Präsidenten.