Thursday, 19. January 2012

Untersuchungsausschuss: Staatsrat Stauch und Hygieneexperten zeigen Defizite auf

Der Untersuchungsausschuss „Krankenhauskeime“ hat in seiner dritten öffentlichen Beweisaufnahme heute (19. Januar) Justiz-Staatsrat Prof. Matthias Stauch gehört. Er hatte im Auftrag des Senats am 20. Dezember 2011 einen Bericht zum Ausbruch von ESBL-bildenden Keimen im Zentrum für Kinderheilkunde des KBM erstattet. Am Nachmittag setzte der Ausschuss seine Vernehmung fort. Sachverständige Zeugen waren Dr. Sebastian Schulz-Stübner und Dr. Patrick Weißgerber vom Deutschen Beratungszentrum für Hygiene (BZH GmbH) Freiburg. Das BZH war von der Gesundheit Nord beauftragt worden, eine Visitation des Bereiches Neonatologische Intensivmedizin am KBM durchzuführen. Die Freiburger Experten waren am 23. und 24. November 2011 vor Ort und erstatteten einen zusammenfassenden Bericht, der dem Ausschuss vorlag. Der Ausschuss hat mit diesen Vernehmungen begonnen, die konkreten Vorkommnisse in Bremen näher zu beleuchten und wird dies in seinen kommenden Vernehmungen fortsetzen.

Staatsrat Prof. Stauch stand gemäß Beweisbeschluss zu folgenden Angelegenheiten des Ausschusses Rede und Antwort:

1. Aus welchem Anlass und auf wessen Initiative wurde Staatsrat Prof. Matthias Stauch beauftragt, die Abläufe und Zusammenhänge im Hinblick auf den Ausbruch von ESBL bildenden Klebsiella pneumoniae im Zentrum für Kinderheilkunde Klinikum Bremen-Mitte im Jahr 2011 zu dokumentieren?
2. Auf welcher Informationsgrundlage ist der Bericht entstanden?
3. Durch wen sind die Informationen zur Verfügung gestellt worden und welche Informationen sind selbsttätig ermittelt worden?
4. Welche Methode ist angewandt worden?
5. Welche Feststellungen sind getroffen worden; insbesondere zu den geltenden bundes- und landesrechtlichen Vorschriften zur Krankenhaushygiene und den entsprechenden Meldevorschriften; zu den in Deutschland geltenden Hygienestandards; zur Umsetzung dieser Vorschriften und Standards im Klinikum Bremen-Mitte; zur personellen Verantwortung für die Umsetzung dieser Vorschriften und Standards.

Die Experten vom BZH wurden entsprechend dem zu ihrer Vernehmung gefassten Be-weisbeschluss zu Folgendem gehört:
1. Welchen Arbeitsbereich umfasst die Tätigkeit des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene (BZH GmbH) Freiburg?
2. Aus welchem Anlass und auf wessen Initiative wurde das Deutsche Beratungszentrum für Hygiene mit der Visitation des Bereichs Neonatologische Intensivmedizin am Klinikum Bremen-Mitte beauftragt?
3. Welche Ermittlungen wurden vorgenommen; über welchen Zeitraum erstreckte sich die Visitation?
4. Wer war an der Visitation beteiligt?
5. Welche Feststellungen wurden getroffen, insbesondere zur Umsetzung der geltenden Hygienevorschriften in der Neonatologie des Klinikums Bremen-Mitte; zur personellen Ausstattung und Qualifikation des Klinikums Bremen-Mitte in den Bereichen Krankenhaushygiene und Neonatologie; zur Zusammenarbeit mit den Krankenkassen im Zusammenhang mit der Einhaltung der Vorschriften zur Krankenhaushygiene; zu den eingeleiteten Maßnahmen des Klinikums Bremen-Mitte, der Gesundheit Nord, des Gesundheitsamtes und des Gesundheitsressorts seit Beginn der Infektion im konkreten Krisenfall und
zur Einhaltung der in Deutschland geltenden medizinischen Hygienestandards im Land Bremen durch Hygiene-Pläne einschließlich der Hygienekontrollen sowie deren Dokumentation, auch im Vergleich zu den Kliniken anderer Großstädte; zum Hygienemanagement im Vergleich zur Praxis an anderen Kliniken im Bundesgebiet oder darüber hinaus.
6. Welche Empfehlungen wurden ausgesprochen zur medizinisch wünschenswerten und realisierbaren Verbesserung der Krankenhaushygiene und der laufenden Einbeziehung externen Sachverstands?

Die Vorsitzende, die Sprecher/innen der Fraktionen und weitere Ausschussmitglieder befragten die sachverständigen Zeugen in mehrstündigen Vernehmungen. Die Einschätzungen der Sachverständigen sollen dem Ausschuss dabei helfen, die anstehenden Befragungen der Zeugen aus dem Klinikum Bremen-Mitte, dem Gesundheitsamt, der Gesundheit Nord und dem Gesundheitsressort vorzubereiten und sie insgesamt vor einem fachlichen Hintergrund beurteilen zu können.

Die Sprecher der Fraktionen bewerten die Beweisaufnahmen wie folgt:
Die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Antje Grotheer (SPD): „Prof. Stauch hat heute und mit seinem Bericht einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung geleistet. Dabei hat er besonders Defizite im Bereich der Dokumentation betont, denen der Ausschuss nachgehen wird. Die Experten des BZH haben die hygienischen Zustände am KBM als durchaus nicht un-gewöhnlich für deutsche Kliniken bezeichnet. Das 10-Punkte-Maßnahmenprogramm stelle die richtigen Schritte zur Vermeidung neuer Fälle dar. Insgesamt haben die Experten aufgrund ihrer Visitation ein eher positives Gesamtfazit gezogen.“

Der stellvertretende Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Björn Fecker (Bündnis 90/Die Grünen): „Das Gutachten von Staatsrat Stauch bestätigt unseren bisherigen Eindruck. Neben deutlichen Mängeln in Bezug auf die Dokumentationspflichten ist eine Verletzung der Meldevorschriften festzustellen. Das Gutachten wird somit in die weitere Ausschussarbeit einfließen. Die Vertreter des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene haben Mängel in der Umsetzung der bestehenden Hygienevorschriften aufgezeigt. Diese waren teilweise offensichtlich. Zu den Ursachen der Mängel und zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Hygiene müssen die Verantwortlichen der Klinik und der GeNo in den kommenden Sitzungen Stellung beziehen.“

Der Sprecher der CDU-Fraktion im Untersuchungsausschusses, Rainer Bensch: „Bekannte Mängel wie das unzureichende Hygienemanagement am Klinikum Bremen-Mitte und das fehlerhafte Meldewesen vom Klinikum über das Gesundheitsamt hin zur Gesundheitssenatorin wurden durch die Anhörung von Staatsrat Prof. Stauch und der Freiburger Hygieneexperten bestätigt. Nun gilt es, für diese erheblichen Mängel die Verantwortlichen festzustellen!“

Die Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Untersuchungsausschusses, Claudia Bernhard: „Der Personalschlüssel ist offenbar die Intimzone des Klinikbetriebs: Keiner spricht gern darüber, obwohl sie Teil der Fachempfehlung ist. Dass das KBM eine Beratungsfirma engagiert, die sich hier sehr defensiv verhält, passt.“