Neujahrsempfang der Bürgerschaft
Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer hat zu Beginn des neuen Jahres zum traditionellen Neujahrsempfang eingeladen. Etwa 500 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Religion und Gesellschaft konnte sie heute (14.1.) im Haus der Bürgerschaft begrüßen.
Zu Beginn ihrer Rede erinnerte Grotheer noch einmal an den Anfang des vergangenen Jahres – an das Hochwasser, bei dem sich im Angesicht der Katastrophe enormer Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft sowie Sinn für das Gemeinsame und die Gemeinschaft gezeigt hätten. Und sie erinnerte an die große Demonstration gegen Rechtsextremismus auf dem Marktplatz am 21. Januar 2024. Auch dies sei ein Zeichen für Zusammenhalt gewesen.
Diesen Zusammenhalt sieht die Bürgerschaftspräsidentin zunehmend bedroht. "Ich habe den Eindruck, aus diesem gemeinsamen ‚Wir‘ wird immer öfter ein ‚Wir gegen die anderen‘", sagte sie. "So ist es häufig bei Fragen, die Unterstützung sozial Schwächerer betreffen, so ist es bei Fragen des Klimaschutzes oder bei Fragen, wie die Wirtschaft in Deutschland angekurbelt werden soll. Und es hat sich verändert, wie über das Thema Migration diskutiert wird."
"Wir alle tragen die Verantwortung dafür, dass unsere Werte, unsere hanseatische Tradition, dass unsere grundsätzliche Offenheit gegenüber allen Menschen nicht verloren geht. Wir als gewählte Abgeordnete, aber auch Sie alle als führende Vertreter:innen von Wirtschaft und Gesellschaft in diesem Bundesland", wandte Grotheer sich an die Zuhörer. "Denn am Ende steht nichts weniger auf dem Spiel als die Demokratie selbst – die Grundlage für unsere Freiheit."
Die Demokratie sei bedroht, mahnte Grotheer. "Wir müssen uns bewusst machen, dass es politische Kräfte in diesem Land gibt, denen es eben nicht darum geht, mit einer anderen politischen Idee dieses Land zu regieren. Wir müssen uns bewusst machen, dass es diesen Kräften darum geht, in einem anderen System dieses Land zu regieren."
Daher mahnte Grotheer im anstehenden Bundestagswahlkampf einen fairen Umgang an. Sie betonte, dass ein Wesen der Demokratie die Suche nach Kompromissen sei – und eine Gefahr darin liege, wenn Politik immer kompromissloser auftrete. "Nach der Wahl wird man eine Koalition verhandeln müssen. Und wenn ein Kompromiss dann als Niederlage verstanden werden muss, dann verliert die Politik vor allem eines: Glaubwürdigkeit. Und so leicht diese zu verlieren ist, so schwer ist sie wiederzuerlangen – wenn dies überhaupt gelingt", sagte Grotheer und ergänzte: "Die große Gefahr ist, dass die Menschen dann nicht nur den Glauben an die Politik verlieren, sondern auch den Glauben an die Demokratie. Das Vertrauen darin, dass Demokratie nicht immer leicht ist, vermutlich auch nicht immer perfekt, aber dass sie die einzige Staatsform ist, die gleiche Rechte und Freiheit für alle Menschen garantiert.“
Zur Verteidigung der Demokratie nahm die Bürgerschaftspräsidentin alle Anwesenden in die Pflicht. "Wir alle dürfen nicht schweigen. Wir dürfen keine Missverständnisse aufkommen lassen. Wir dürfen keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass wir die Demokratie verteidigen. Wir dürfen nicht den Eindruck aufkommen lassen, wir würden jenen zustimmen, die unsere Demokratie angreifen, weil wir nichts sagen. Wir alle sind aufgefordert für die grundlegenden Regeln unseres Zusammenlebens einzutreten – und das jeden Tag und bei jeder Gelegenheit", sagte sie und forderte die Gäste auf, nicht nur von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, sondern in ihrem Umfeld auch aktiv dafür zu werben. "Denn es ist wichtig, dass die Wahlbeteiligung hoch ist. Demokratie ist kein Lieferservice. Sie funktioniert nur dann, wenn alle mitmachen."
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